Hauptinhalt
Topinformationen
Der Codex Euricianus
Der Codex Euricianus entstand 475 n. Chr. und war die früheste bedeutsame Rechtssammlung in Vulgarlatein. Zuvor hat es germanische Aufzeichnungen gegeben, welche allerdings nicht mehr überliefert sind.
Der Codex Euricianus gilt als Schöpfung des westgotischen Königs Eurich (466-484). Er wurde im Zeitraum von 469 bis 476/7 n. Chr. verfasst und vor dem Ende Westroms (476) erlassen. Der Codex Euricianus galt für die Westgoten, die sich in Westfrankreich angesiedelt hatten. Umstritten ist, ob der Codex auch für die römische Bevölkerung galt.
Der Codex Euricianus beeinflusste neben den westgotischen Gesetzbüchern auch die Aufzeichnungen anderer germanischer Stammesrechte. Nach 506 n. Chr. wurde die Lex Romana Visgothorum erlassen, die nach dem westgotischen König Alarich II. auch Breviarium Alaricianum genannt wurde. Der Codex Euricianus gilt auch als Grundlage für die Gesetzbücher der Burgunder (Lex Burgundionum) und Alemannen (Lex Alamannorum).
Der Originaltext ist nicht erhalten geblieben. Der Codex Euricianus ist nur lückenhaft in einer Pariser Pergamenthandschrift überliefert. Diese wurde im 18. Jh. In Frankreich gefunden und wird bis heute in Paris in der Bibliothèque Nationale aufbewahrt. Die noch vorliegenden Bestimmungen umfassten Regelungen zu den Rechtsgeschäften des Kaufs, der Schenkung, der Leihe sowie des Ehe- und Erbrechts. Unklar ist, inwiefern die Überlieferung den ursprünglichen Wortlaut des Codex Euricianus wiedergibt oder ob es sich um eine Bearbeitung von Eurichs Sohn und Nachfolger Alarich II handelt, da möglicherweise 100 Jahre zwischen der Entstehung und der Überlieferung lagen.
Take-aways:
- Früheste bedeutsame Rechtssammlung des Germanenstamms der Westgoten in Vulgarlatein
- Bildete die Grundlage für spätere germanische Gesetztestexte
- Umfasste eine breite rechtliche Behandlung verschiedener Rechtsgeschäfte (Kauf, Schenkung, Leihe sowie Ehe- und Erbrecht)
Quellen:
Hans Schlosser, Europäische Rechtsgeschichte: Privat- und Strafrecht von der Spätantike bis zur Moderne, 4. Aufl., München 2021, S. 16 ff.
Herbert Hausmaninger/ Walter Selb, Römisches Privatrecht, 8. Aufl., Wien 1997, S. 94 f.
Karl Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte, Band 1: bis 1250, 13. Aufl., Köln [u.a.], 2008, S. 22 ff., https://elibrary.utb.de/doi/book/10.36198/9783838527345, zuletzt aufgerufen am 02.12.2024.
Leges Visigothorum, http://www.leges.uni-koeln.de/lex/leges-visigothorum/, zuletzt aufgerufen am 18.11.2024.
Verfasser:
Anton Beuermann, Rémi Plitt, Mattis In der Wische und Rico Wessels
Zurück zur Zusammenfassung der 3. Vorlesung