Fachbereich Rechtswissenschaften

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Anton Friedrich Justus Thibaut (1772-1840)

Anton Friedrich Justus Thibaut wurde am 4. Januar 1772 in Hameln geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in Göttingen, Königsberg und Kiel. Anschließend wurde er in Heidelberg einer der bekanntesten deutschen Professoren.

Thibaut veröffentlichte 1814 sein bekanntestes Werk: „Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts in Deutschland“, in welchem er ein allgemeines bürgerliches Gesetzbuch forderte, welches mithilfe einer Kommission ausgearbeitet werden sollte.

Die meisten der vielen Staaten, aus denen Deutschland nach den Freiheitskriegen bestand, lehnten Thibauts Vorschlag ab. Zwei der wichtigsten Staaten waren Preußen und Österreich. Große Teile Preußens waren überwiegend polnischsprachig, was nicht zu dem Konzept eines deutschen Nationalgesetzbuchs passte. Österreich hätte sein ABGB aufgeben und eine Rechtsspaltung zwischen seinen deutschsprachigen und den anderen Landesteilen hinnehmen müssen. Der Begriff „Deutschland“ war zu dieser Zeit eher ein Kampfbegriff als eine politische Realität.

Das Buch Thibauts löste den sogenannten Kodifikationsstreit mit dem Rechtswissenschaftler Friedrich Carl von Savigny (1779-1861) aus.

Dieser vertrat in seinem Werk: „Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ (1814) die Ansicht, dass die Gesetzgebung ein Irrweg ist und die eigentliche Aufgabe auf der Erneuerung der Rechtswissenschaft beruht. Er kritisierte in seinem Werk die in Thibauts Werk als Vorbilder genannten drei Gesetzbücher (Allgemeines Landrecht, Code Civil und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch für die österreichischen Erblande). Savignys Auffassung setzte sich durch. Die von ihm angestoßene Erneuerung der Rechtswissenschaft, die sogenannte historische Rechtsschule, hatte in einigen Jahrzehnten die Folge, dass Deutschland als weltweit führender Standort der Rechtswissenschaft galt.

 

Take away:

  • Thibauts Vorschlag für ein deutsches Gesetzbuch stieß auf das Problem, dass kein Deutschland als solches existierte, sondern eine Vielzahl von größeren und kleineren unabhängigen Staaten, von denen die meisten Thibauts Ansicht nicht teilten.
  • Sein Vorschlag löste den sogenannten Kodifikationsstreit mit Friedrich Carl von Savigny aus.
  • Savigny forderte statt Gesetzgebung eine Erneuerung der Rechtswissenschaft und setzte sich letztlich durch.
  • Die von Savigny begründete sogenannte historische Schule der Rechtswissenschaft hatte zur Folge, dass Deutschland nach wenigen Jahrzehnten als weltweit führender Standort der Rechtswissenschaft galt.

 

Quelle:
Rückert, Joachim, "Thibaut, Anton" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 106-107 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118621874.html#ndbcontent, zuletzt aufgerufen am 28.12.2023. 

Autor:
Viviane Pietrzak

 

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